Leseprobe
Über den Frieden
Solange wir Wert auf persönliche Überlegenheit legen, können wir keinen Frieden finden. Das führt immer nur zu Machtkämpfen; jedes Zurschaustellen von eigenen Fähigkeiten produziert eher Ruhelosigkeit als Frieden. Wir wissen, daß wir das im Leben bekommen, wozu wir uns von Herzen entschließen. So ist es wichtig, sich mit dem Herzen zu entschließen, in sich selbst Frieden zu wollen. Dazu kann es notwendig sein, das eigene Herz oder die Mauern davor zu öffnen, um zu ergründen, ob wir wirklich Frieden wollen.
Oder ist es vielleicht doch so, daß wir unser Geltungsbedürfnis befriedigen und wichtig oder liebenswert sein wollen? Dieses Bedürfnis ist oft stärker als das nach Frieden. Dabei berücksichtigen wir meist nicht, daß wir dann auch immer das Gegenteil, die andere Seite der Medaille, in Kauf nehmen müssen. Das heißt also, daß es dann immer Menschen geben wird, die uns nicht wichtig nehmen und die uns nicht lieben oder gar ablehnen. Dies ist zwar einerseits vollkommen normal, denn nicht einmal Buddha oder Christus wurden von allen geliebt und akzeptiert, doch die Frage ist, wie wir damit umgehen können.
Wenn wir vom Frieden reden, erwarten wir zunächst immer, daß die anderen abrüsten. Haben wir jemals daran gedacht, selbst mit dem Abrüsten zu beginnen? Was macht unser Waffenlager, das wir in unserem Inneren mit uns herumtragen und das aus Böswilligkeit und Ärger, aus Unwillen und vorgefaßten Meinungen besteht? Erst wenn das alles ausgeräumt und durch Liebe und Mitgefühl ersetzt ist, wird es Frieden in unserem Herzen geben. Es gibt keine andere Möglichkeit.
Wir werden nie einen Frieden von außen nach innen hereintragen können. Wir müssen in unserem Inneren anfangen und unser Wollen nach Macht und unsere Gier nach Besitz erst einmal loslassen. Es ist unsere Gier, die uns von Freiheit und Frieden trennt.
Wollen wir in der Welt, sei es in der kleinen um uns herum oder in großem Rahmen, etwas verändern, dann wird es sich nur entwickeln, wenn wir zuerst eine Veränderung in uns selbst schaffen. Frieden zu erlangen erfordert diszipliniertes Arbeiten mit dem Herzen.
Ramana Maharshi, ein großer Lehrer in Süd-Indien sagte einmal: „Frieden und Glück sind nicht unser Geburtsrecht. Wer immer sie erlangt hat, bekam sie durch ständiges Bemühen.“
Meditation
Über den „Sinn“ der Meditation
Auf unseren „Schulen“ wird vieles gelehrt wie zum Beispiel Chemie, Geschichte, Sprachen, Mathematik usw., und es werden Diplome und Urkunden verteilt, die sich so mancher in die gute Stube hängt, um sein Ego damit streicheln zu können. Aber wer bildet Dichter, und Meditationslehrer oder gar Mystiker aus? Oft werden sogar die Wurzeln, aus denen beispielsweise Dichter oder Mystiker wachsen könnten, durch das Bildungssystem im Wachstum behindert.
Mir scheint, daß die letztgenannten Künste, welche die Liebe zum SEIN beinhalten, sehr wertvoll sind, und wenn wir schon auf viele der erstgenannten Lehren nicht verzichten können, so sollten doch Möglichkeiten geschaffen werden, daß das, was zum Leben wirklich gehört, auch gelehrt wird. Denn Geboren zu werden heißt noch lange nicht, leben zu können.
Wir werden nicht geboren, um Opfer oder Sklave zu sein, sondern um zum Meister zu werden. Aber es sind nur wenige, die ihr mitgebrachtes Potential nutzen und verwirklichen. Der Grund, warum die Mehrheit ihr Potential nicht verwirklicht ist der, daß sie glauben, es schon getan zu haben. Sie leben in der Vorstellung, all das schon zu sein, wozu sie in der Lage sind. Sie erkennen nicht, daß das Leben nur eine Gelegenheit ist zu wachsen und aufzublühen. So bleibt ihr Leben stumpf und leer, bis sie beginnen, es kreativ zu gestalten, es zu erfüllen.
Wenn wir glauben, daß die Künste der Freude, des Glücks, der Liebe und des Friedens angeboren sind, täuschen wir uns. All das muß genauso gelehrt und gelernt werden. Das Potential zu allem ist vorhanden, doch es ist ein wichtiger Teil unserer Lebensaufgabe, es auch zu entfalten. Bisher ist es häufig so, daß wir ein gewisses Maß an Unglücklichsein und sich Unwohlfühlen für vollkommen normal gehalten haben. Wir sagen dann: „so ist das Leben halt“ oder „so bin ich halt“. Aber das ist es eben nicht, was das Leben ausmacht. Es ist an der Zeit, daß wir das Potential unseres inneren Reichtums erkennen und nicht weiter ungenutzt brach liegen lassen.
Wir können diesen Schatz erschließen und nutzen, wenn wir ihn nicht mehr, wie bisher im Außen, sondern in unserem Inneren suchen. Gehen wir in die Stille unseres Herzens, auch wenn die Welt um uns herum immer lauter wird. In unserem Innersten ist eine verborgene Stille und wir finden sie nur, wenn wir in uns hineinhorchen. Dies können wir in der Meditation tun und dies gibt uns den Schlüssel für ein erfülltes Leben.
Wenn wir wachsen wollen, müssen wir bereit sein, uns zu verändern. Auch wenn wir nie im vornherein sagen können, wohin uns diese Veränderung führen wird. Aber seien wir uns sicher: Veränderung ist immer besser als zu stagnieren. Alles, was lebt, verändert sich, ja selbst im Sterben verändern wir uns, und sei es „nur“ im Bereich des Bewußtseins.
Den Weg der Erkenntnis zu beschreiten ist, wie auf einem Drahtseil zu balancieren. Wir können jederzeit ausgleiten oder einen Fehltritt machen und uns dabei entsetzlich weh tun. Wir haben uns dann zu weit nach rechts oder links gelehnt und sei es nur durch die Ablenkung durch schöne Worte oder die Attraktivität einer Person. Erst durch den darauffolgenden Schmerz lernen wir, daß wir von der geraden Linie abgewichen waren. Doch das Einzige, was uns davon überzeugen kann, ob der spirituelle Weg Erfüllung und Erkenntnis bringt ist, ihn zu gehen.
Eine gute Unterstützung ist dabei eine Unterweisung durch einen spirituellen Lehrer. Es ist dabei ein großes Maß an Hingabe erforderlich. Den Weg selbst müssen wir jedoch größtenteils alleine gehen. Erst wenn wir bereit sind, unseren Geist der Göttlichen Quelle hinzugeben, kann er mit IHR verschmelzen. Es ist dann vergleichbar damit, wie wenn wir Wasser in Milch gießen; es wird sich ohne jegliche Trennung miteinander vereinen. Nur durch die Erfahrungen auf diesem Weg können wir wirklich lernen. Meditation ist ein Weg, um auf der Suche nach dem inneren Frieden das Bewußte mit dem Unbewußten zu verbinden. Es ist ein Vorgang der geistigen Selbstversenkung.
Der Begriff „Meditation“ kommt aus dem griechischen „medomai“ und aus dem lateinischen „meditari“. Beides sagt soviel wie sinnen, sich auf etwas vorbereiten oder auch in sich gehen. Dabei gehst Du mit Deiner Aufmerksamkeit, die im Alltag im überwiegenden Maße nach außen gerichtet ist, nach innen. Und irgendwann wird alles still. Du spürst in Dir eine tiefe Gelassenheit. Dein SELBST ist plötzlich die Quelle allen Lebens. Meditation ist immer ganzheitlich. Sie wirkt, vom geistigen Geschehen ausgehend, auf alle Bereiche des Menschen. Die Harmonisierung des Geistes bringt entsprechende Folgeerscheinungen im psychischen und physischen Teil hervor. Die Auswirkung wächst mit der Tiefe der Meditation.
Medizinische Untersuchungen haben folgende Ergebnisse gezeigt: Während der Meditation nimmt der Sauerstoffverbrauch innerhalb von 10 bis 20 Minuten doppelt so stark ab wie gewöhnlich im Schlaf. Dabei sinkt die Anzahl der Atemzüge auf sieben oder gar noch weniger. Dadurch wird der gesamte Stoffwechsel herabgesetzt, was sich wiederum regenerierend auf den Organismus auswirkt. Dabei schlägt das Herz weniger häufig und die Menge des Blutes, die durch das Herz gepumpt wird, nimmt in dieser Zeit um bis zu 25% ab, was das Herz enorm entlastet. Das Gehirn wird bis zu 60% besser durchblutet, wodurch der „Geist“ wacher wird und das Reaktions- und Denkvermögen erheblich zunimmt. Durch die Meditation wird auch der Hormonhaushalt, der ja die Gefühle bzw. Emotionen steuert, günstig beeinflußt. Die Streßhormone wie Cortisol und Adrenalin werden abgebaut, und das sogenannte Glückshormon Serotonin wird verstärkt ausgeschüttet.
Ist das alles nicht auch mit ein Grund, sich öfter als bisher der Meditation zu widmen?
Meditation kann Dir wirklich helfen, denn Du machst sie niemandem vor, machst sie nicht „für“ jemanden, wie so vieles im Leben, sondern machst sie mit Dir selbst und für Dich selbst. Du kannst dabei absolut frei sein. Es soll auch kein Rückzug in die Individualität ein, nur um die Selbstsucht zu steigern, sondern eine Möglichkeit, von der Selbstsucht zur Selbstsuche überzugehen. Es ist ein Weg der spirituellen und geistigen Evolution, der Dich einer höheren Wahrheit näherbringt.
Diese höhere Wahrheit kannst Du nur erkennen, wenn Du nach innen schaust. Meine Erfahrung ist, daß dabei etwas erfaßbar wird, das nicht ein Verstehen, wie wir es von der Ratio her gewöhnt sind, sondern ein plötzliches „Wissen mit dem Herzen“ mit sich bringt. Du wirst herausfinden, was immer schon tief in Dir bewußt war: daß Du Göttlicher Natur bist. In der Meditation wirst Du die wahre Natur des Geistes erkennen. Es entsteht eine Klarheit und Offenheit anstelle der gewohnten Zerstreuung, die normalerweise den Geist ablenkt.
Diese Klarheit, dieses In-der-Mitte-Sein, führt dazu, die „Fesseln des Wissens“ Deines Intellekts abzulegen und die Freiheit des SEINS zu erleben. Es sind Augenblicke, in denen Du die Ewigkeit berührst. Diese Erfahrung schenkt Dir die Kraft jener bedingungslosen, allumfassenden Liebe, welche die Wurzel allen Seins ist. Liebe ist das Göttliche Selbst, das alle Deine Schmerzen und Verletzungen heilt.
Beim Meditieren steht also nicht das Wollen Deines Egos im Mittelpunkt, sondern das Beobachten, das Zu-lassen und das Los-lassen. Du lernst, still zu werden, um Deine innere Stimme, die Stimme Deiner Seele, Deines inneren Lehrers, des Göttlichen Samens in Dir oder wie Du es nennen willst, zu hören.
Lerne leer zu werden, denn nur eine Schale, die leer ist, kann neu gefüllt werden. Je größer die geleerte Schale, um so mehr kann sie fassen. Die Menge der Göttlichen Liebe ist immer die gleiche, nur wieviel Du davon erfassen kannst, ist von der Größe Deiner Schale, Deiner Bewußtheit, abhängig.
Öffne Dein Herz und mache es zum Tempel Gottes. Die Energie Deines spirituellen Herzzentrums wird sich entwickeln und ausdehnen, bis jeder Teil Deines Körpers, jede Zelle davon erreicht wird und in der Lage ist, Liebe zu empfinden und zu geben.
Du machst damit das Verborgene in Dir lebendig, Du heilst Deine geistige Blindheit und es hilft Dir, Deine „inneren Schatten“ zu akzeptieren. Beginne, das Göttliche in Dir zu lieben. Wenn Du Dich, wie bisher, nicht liebst, beschuldigst Du dann nicht Gott, etwas an Dir unvollkommen erschaffen zu haben?
In der Meditation kannst Du reines Gewahrsein erfahren. Ein Gewahrsein von Licht, das sich aus Deinem Innersten heraus entwickelt. Schaue es Dir an und Du bemerkst, daß es sich mit zunehmender Aufmerksamkeit ausdehnt. Es wächst und wächst, bis es über Deine „Körperlichkeit“ hinausgeht. Dieses Licht ist Deine ätherische Energie, die Dich von innen her durchdringt und umgibt. Es kann in Deiner Umgebung von sensitiven Menschen auf subtile Art und Weise wahrgenommen werden. Das Licht in Dir macht Dir bewußt, daß Du alles, was Du außerhalb von Dir gesucht hast, in Deinem Inneren findest. Es mag allerdings sein, daß Du Dich auf diesem Weg anstrengen und disziplinieren mußt. Eine geeignete Anleitung durch einen erfahrenen Meditationslehrer kann Dich dabei unterstützen.
Es ist dabei häufig so, wie wenn ein Kind beispielsweise gehen lernen will. Dabei nützt es ihm nichts, wenn es nur auf den Schultern des Vaters getragen wird. Aber es hilft dem Kind, wenn er es an der Hand hält und führt. So kann es auch für Dich vorübergehend leichter sein, geführt zu werden.
Die Wahl eines Lehrers setzt natürlich ein gewisses Vertrauen voraus. Dies ist notwendig, denn der Lehrer ist wie die Hand des Vaters oder der Stock für den Blinden. Wenn die Hand Dich dabei in die falsche Richtung führt oder der Stock des Blinden zu kurz ist, kannst Du Dich verlaufen oder zumindest einen Umweg gehen. Doch es liegt auch in Deiner Selbstverantwortung, welchem Lehrer oder welcher Hand Du Dich anvertraust.
Alles, was Dir gelehrt wird, muß auch verarbeitet werden, und nur die eigene Erfahrung zeigt Dir, ob Du nur etwas gelesen oder auch verstanden hast.
Von Leonardo da Vinci stammt der Ausspruch: „Die Erkenntnis, die nicht durch die Sinne gegangen ist, kann keine andere Wahrheit erzeugen als die schädliche“.
Spruch von Vinoba Bhave:
Wer sich nicht bemüht,
die Sinne zu kontrollieren,
wer in Betrachtung weltlicher Dinge vertieft ist,
wird diesen Dingen immer mehr verhaftet.
Bindung bedeutet Verbindung.
Durch ständige gedankliche Verbindung
mit weltlichen Dingen entsteht ein Reiz an diesen Dingen.
Das Gemüt wird an sie gebunden.
Aus dieser Bindung entsteht Verlangen, Begierde.
Das ist die Reihenfolge:
Zuerst die Gedanken an materielle Dinge,
dann Bindung daran und schließlich Verlangen nach ihnen.